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Über die Funktion der Bilder im DaF-Unterricht

Das Hauptanliegen dieses Artikels ist Argumente vorzuführen, die für den Einsatz vom Bildmaterial im Fremdsprachenunterricht sprechen, und einige wesentliche Funktionen der Visualisierung im Lernprozess zu präsentieren. Dieser Beitrag hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Damit möchte ich lediglich zum Reflektieren eigener Schritte und Strategien im Unterricht veranlassen, und vielleicht dazu beitragen, dass die Möglichkeiten, die durch Bilder dargeboten werden, bewusster, sinnvoller und effektiver im Unterricht wahrgenommen und ausgenutzt werden.

Allgemein wird das Bild als ein Stück Realitätsersatz aufgefasst und das ist es auch.
Das Bild gilt allgemein als ein leicht verständliches Kommunikationsmittel, es ist zumindest auf den ersten Blick einfacher zu verstehen als ein Text, deshalb benutzt man es so gerne auch im Fremdsprachenunterricht.

Sowohl für die Lehrer als auch für die Autoren moderner Lehrwerke steht außer Zweifel, dass das Bild im Fremdsprachenunterricht eine wichtige Rolle spielt. Wo früher nur ein Text präsentiert wurde, findet man heute auch ein Bild, manchmal sogar ersetzen Bilder ganze Texte.

Für den Bildeinsatz im Fremdsprachenunterricht sprechen folgende Argumente:

Pädagogisches Argument:

Obwohl die neuen Lehrwerke im Vergleich zu den früheren recht viel Bildmaterial enthalten, hat die Verwendung von Bildern schon eine lange Tradition: der berühmte tschechische Pädagoge Johan Amus Comenius verwendete in seinem im Jahre 1658 veröffentlichten Lateinlehrwerk „orbis pictus sensualium“ Abbildungen als Lernhilfen von großer Bedeutung.
(nach: Hosch und Macaire, 1993 S.14)
Das Lernen durch sinnliches Wahrnehmen ist ein bedeutendes Prinzip seiner Pädagogik. Diese Beobachtung spielt auch in der modernen Pädagogik eine wesentliche Rolle.

Lernpsychologisches Argument:

Amerikanische Sprachforscher haben in den siebziger Jahren nach ihren Untersuchungen festgestellt, dass Bildinformationen leichter als Sprachinformationen erinnert werden: die Verwendung vom Bildmaterial in Lerntexten bewirkt zudem bessere Lerneffekte als der Text allein. Deshalb spricht man in der Lernpsychologie von einem „Bildvorteil“.

Immerhin müssen sich die Bilder auf den Text beziehen und sollen die Aussage des Textes nicht nur wiederholen, sondern sie auf eine der möglichen Weisen veranschaulichen und ihr neue Details hinzufügen.

Medienspezifisches Argument:

Bilder sind „offener“ als Texte: sie lassen mehrere Interpretationen zu und regen zum Sprechen an . Weil sie aber oft mehrdeutiger sind, benötigen sie allerdings im Lehrwerk oder im Unterricht falls sie „lose“ dargeboten werden, ein Kommentar, einen erklärenden Text, ein Hinweis auf die dem Lernziel angepasste Deutung.

Fremdsprachendidaktisches Argument:

Das Wahrnehmen durch Sehorgan hat eine grundlegende Bedeutung für die individuelle Sprechfähigkeit und Sprechmotivation; das was man mit Augen wahrnimmt, regt meistens zum Sprechen an, aktiviert das Vorwissen und dient als außersprachliches Kommunikationsmittel wie Gestik und Mimik. Außerdem ist visuelles Wahrnehmen kein passiver Vorgang, sondern ein aktiver, der auf dem Rezipieren von physikalischen Reizen und deren Verarbeitung beruht. Während wir etwas betrachten, interpretieren wir ständig und rekonstruieren die äußere Welt auf der Grundlage unserer eigenen Erfahrungen (Zeki 1993,26)
Einen guten Überblick über die psychischen Prozesse beim Verstehen von Bildern präsentiert Bernd Weidenmam in seiner Arbeit (1988).


In der Didaktik unterscheidet man zwischen

-Abbildern: darunter soll man Fotos, Zeichnungen, Dias, Filme-Videos, Karikaturen. Collagen, Werbeanzeigen, Aufkleber und Gemälde verstehen.

- logisch-analytischen Bildern, gemeint sind schematische Darstellungen, Diagramme, Notationssysteme in Technik und Naturwissenschaft (Weidenmann, 1991,44).


(nach: Brewińska, Joras, Obidniak, Świerczyńska „Partnersprache 1“ 2002,S. 30)
Im Prinzip kann man alle Bildsorten im Unterricht in allen Stufen einsetzen, unter der Bedingung, dass man bei der Wahl der Bilder für den Unterricht folgende Aspekte berücksichtigt hat:

Bilder sind von guter Druckqualität. Technische Unvollkommenheiten dürfen kein Hindernis für das „Ablesen“ eines Bildes sein, sonst verlieren die Schüler gleich Lust und Motivation zur weiteren Arbeit am Bild.

Bilder sprechen die Interessen der Schüler an und entsprechen ihrem Alter, ihrer Erfahrungswelt. Manche Bilder sind von ihrer Aussage her gut für einen Unterricht geeignet, setzen aber für die Interpretation den anspruchsvollen Wortschatz voraus. Es kann dann hilfreich sein, wenn man entsprechende Ausdrucksmittel als Sprechhilfe zur Verfügung stellt, damit die Diskrepanz zwischen der Sprechabsicht des Schülers und seiner Ausdrucksmöglichkeit nicht zu groß wird.


Bilder sind Träger von bestimmten Inhalten. Sie tragen wesentliche Informationen zum Thema bei oder regen zur Stellungnahme bzw. Auseinandersetzung an. Dabei muss man berücksichtigen, dass ein Bild mit vielen Details viel mehr als ein detailarmes Bild zum Sprechen motiviert.

Bilder ermöglichen ästhetische Erlebnisse, tragen dazu bei, dass die Schüler ihr Gefallen oder ihre Abneigung gegen ein Bild ausdrücken können. Auch für den Lehrer oder die Lehrerin ist es von Bedeutung, ob er/sie sich von einem Bild angesprochen fühlt und dann ihre Lernziele überzeugend verfolgt.


Es gibt sicherlich nicht nur eine richtige Antwort auf die Frage nach der Funktion der Bilder im Unterricht. Vielmehr hängt die Funktion der gezeigten Bilder auch von den Lernzielen des jeweiligen Unterrichts ab.

Hauptfunktionen der Bilder im Fremdsprachenunterricht

Darstellen:

Es gibt Bilder, die eine Situation oder den Inhalt eines Textes illustrieren oder den Schülern ermöglichen, sich in eine bestimmte Sprechsituation hineinzuversetzen und so die Situation anschaulicher machen.

Informieren:

Bilder können schneller und auf den ersten Blich verständlicher als Texte über einen Sachverhalt informieren oder eine Situation vergegenwärtigen. (Sie brauchen nicht mühsam übersetzt oder erklärt zu werden). Sie können eine ähnliche Funktion wie ein informierender Sachtext haben. Visuelle Darstellungen sind manchmal auch verständlicher und mehr direkt, weil sie den Dingen, die sie repräsentieren, mehr oder weniger ähnlich sind, während Wörter und Ausdrücke auf Konventionen beruhen, die man mühsam lernen muss (Gombrich 1984, 274).

Erklären:
- die Texterklärung

Ein Bild kann schwierigere bzw. abstrakte Textabschnitte erklären oder konkretisieren und auf diese Weise zum Verständnis beitragen. Hier fällt es nicht leicht die darstellende von der informierenden Funktion des Bildes abzugrenzen, da das Bild in dieser Funktion auch einen Text ersetzen kann. (Weidenmann 1991,40)


(Łuniewska, Wąsik, Tworek „alles klar“ 2a 2003, S.11)
- die Worterklärung
Eine besondere Form des Bildeinsatzes ist die Worterklärung durch Bild, die auf der Identifizierung von Gegenständen beruht. Die visuelle Komponente wird ergänzend zum Text oder zum Wort eingebracht und so erleichtert sie den Lernprozess.


(nach: Brewińska, Tworek, Obidniak, Świerczyńska: Partnersprache 1, 2002, S. 50)
Bild als Sprech- oder Schreibanlass
Ein Bild kann in ein Thema einführen, indem man die dargestellten Sachverhalte beschreiben, analysieren, interpretieren lässt.



(Funk, Koenig, Koithan, Scherling: „geni@l” A1, 2002,S. 46)
Bild als die Basis für Übungs- oder Kontrollaufgaben:
Bilder werden eingesetzt, um sprachliche Äußerungen zu stimulieren, um gelenkte oder offene Dialoge und Rollenspiele zu führen (wie z.B. beim mündlichen Abitur in der Grundstufe). Bildergeschichten werden zum Beispiel zu mündlichen oder schriftlichen Nacherzählungen verwendet („memotechnische Funktion“ – Sturm, 1991, 8), oder bei Hörverstehenübungen. In dieser Funktion kommt den Bildern eine stark motivierende Funktion zu.



(Łuniewska, Tworek, Wąsik: „alles klar“ 2a, 2003, S.27)
Dekoration:
Es gibt Bilder nicht direkt zum Spracherwerb oder zur sprachlichen Entwicklung beitragen,. Ihre Hauptfunktion ist wohl einen Text oder irgendeine Lerninhalte aufzulockern und die Bücherseiten oder Wandzeitungen zu dekorieren. Diese Funktion kommt den in manchen Lehrbüchern vorkommenden Comic-Figuren zu, die entsprechend eingesetzt motivierend auf schwächere Schüler wirken können, Freude am Lernen erhöhen und Interesse erwecken.
(die graphischen Figuren in „geni@l S. 23“


(Funk, Koenig, Koithan, Scherling: „geni@l” A1, 2002,S. 23)

Bei der Arbeit mit Bildmaterial werden im Unterricht folgende Schritte getan:
Betrachten des Bildes
Hypothesenstellung
Beschreiben des Bildes
Interpretation

Bei der Arbeit mit Bildern können unter anderen folgende Arbeitstechniken eingesetzt werden:
die Arbeit mit Bildausschnitten: Neugier erwecken darauf, was noch nicht zu sehen ist,
die Arbeit mit dem vollständigen Bild: Titel erfinden, Sprechblasen ausfüllen, Dialoge zwischen den gezeigten Figuren führen,
mündliche oder schriftliche Stellungnahme oder ein Kommentar zu einer Zeichnung,
eine Bildergeschichte nacherzählen.

Literaturverzeichnis:
Brand Marie Luise, Dommel Hermann, Helmling Brigitte (1988): Bild als Sprechanlass. Sprechende Photos. Paris: Goethe Institut.

Gombrich Ernst H. (1984): Bild und Auge. Neue Studien zur Psychologie der bildlichen darstellung, Stuttgart: Klett-Cotta.

Hosch Wolfram, Macaire Dominique 1997: Bilder in der Landeskunde berlin München Wien Zürich New York Langenscheidt

Krumm, Hans-Jürgen (1992): Bilder im Kopf. Interkulturelles Lernen und Landeskunde. InÖ Fremdsprache Deutsch Nr. 6, 16-19.

Lieskounig Jürgen (1988): Durch Bilder zur Sprache? Überlegungen zur Problematik visueller Mitel In Lehrwerken „Deutsch als Fremdsprache”. In: Zielsprache Deutsch, Heft 2,2-8.

Weidemann Bernd (1988): Psychische Prozesse beim Verstehen von Bildern. Bern, Stuttgart, Toronto: Verlag Hans Huber

Zeki Semir (1993): Das geistige Abbild der Welt. In: Spektrum der Wissenschaft, Spezial 1, Gehirn und Geist, 26-35

Bildquellenangaben:

Beispiel 1. Brewińska Ewa, Joras Monika, Obidniak Dorota, Świerczyńska Elżbieta: „Partnersprache 1“ 2002 Wydawnictwo Szkolne PWN,S. 30)

Beispiel 2. Łuniewska Krystyna, Wąsik Zofia, Tworek Urszula: „alles klar“ 2a Warszawa WSIP 2003, S.11)

Beispiel 3: Brewińska Ewa, Joras Monika, Obidniak Dorota, Świerczyńska Elżbieta: „Partnersprache 1“ 2002 Wydawnictwo Szkolne PWN,S. 50)

Beispiel 4: Funk Hermann, Koenig Michael, Koithan Ute, Scherling Theo: „geni@l” A1, Langenscheidt Polska Warszawa 2002,S. 46)

Beispiel 5: Łuniewska Krystyna, Wąsik Zofia, Tworek Urszula: „alles klar“ 2a Warszawa WSIP 2003, S.27)

Beispiel 6: Funk Hermann, Koenig Michael, Koithan Ute, Scherling Theo: „geni@l” A1, Langenscheidt Polska Warszawa 2002,S. 23)

 
 

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